Seit diesem Jahr arbeitet Schnellecke zudem mit dem Start-up Loadfox zusammen, über eine Win-Sped-Schnittstelle können Touren über die Plattform vergeben werden. Auch bei der Tourenplanung greift die IT. „Immer weniger Mitarbeiter sind in der Lage, die hochqualifizierte Disposition im Automotivebereich zu übernehmen“, erklärte Lammer. Allein bei VW in Wolfsburg gebe es 308 Abladestellen, und bei einem Auslastungsgrad von 60 Prozent im Automobilbereich sei es von Nutzen, wenn es weniger „emotionale“ Disposition gebe: „Von 1.000 Lkw am Tag muss die Dispo die Hälfte nicht mehr anfassen.“
Neben der Auftragsübermittlung und bearbeitung für Transporte im Zwischenwerksverkehr oder mit Voll und Leergut nutzt Schnellecke das System auch für das Cross Docking, für Track & Trace sowie für Managementprozesse wie Abrechnung, Schadens- oder Reklamationsmanagement und weitere Bereiche. „Jeder Datensatz aus dem TSM kann über das Real Time Dashboard als Kennzahl ausgespielt werden“, sagte Beck – ein hilfreiches Management-Tool hinsichtlich Effizienz und Kosten. Lammer sagte aber auch: „Wenn die Digitalisierung erfolgreich sein soll, braucht man als Manager auch prozessuale Kenntnisse und Führungskompetenz – und einen Kunden, der Change Management auch will“.
Veränderungen begrüßt auch der Logistikdienstleister Walter Schmitt aus dem badischen Bietigheim: Geschäftsführer Rainer Schmitt und Projektmanager Benjamin Sommer berichteten zum Thema Elektromobilität im Automotive-bereich. „Logistikdienstleister unter Strom“ lautete ihr Beitrag zur Veranstaltung.
Unter Strom ist der Logistikdienstleister momentan in Sachen Ladungssicherung bei Batterietransporten. Denn für seinen neuen Kunden Porsche und den ersten E-Porsche des Stuttgarter Sportwagenbauers transportiert Schmitt Elektro-Batterien zum neuen Werk in Stuttgart-Zuffenhausen. Geschäftsführer Rainer Schmitt berichtete gemeinsam mit Projektmanager Benjamin Sommer von der neuen Herausforderung: „Bei Batterien handelt sich um Gefahrguttransporte.“
Die Ladungssicherung der 25 Batterien je Lkw, die samt Gestell insgesamt rund 27 Tonnen wiegen, müsse dazu passen, um das zulässige Gesamtgewicht nicht zu überschreiten. Das eigens dafür vom Unternehmen Walter Schmitt entwickelte Ladungssicherungs-Konzept sieht die Nutzung von Trailern mit Joloda-Aufbau vor. Spezielle Stahlplatten, die in den Lochschienen befestigt werden, verfügen über Aufnahmehülsen für die Ladungsträger, die die Batterien enthalten. Das Konzept soll demnächst von Dekra in einem Fahrversuch zertifiziert werden.
Weiterhin beschäftigt die Spedition das Thema E-Mobilität im eigenen Fuhrpark, denn der elfte eActros von Fahrzeughersteller Daimler ging an Schmitt Logistik (siehe trans aktuell 6/2019). Schon allein der Ladevorgang auf dem Firmengelände hat es in sich: Das mobile, 300 Kilogramm schwere Ladegerät zu bewegen, erfordert schiere Muskelkraft, ebenso wie das Handling des 6,5 Meter langen Ladekabels. Fazit für Rainer Schmitt: „Der Elektro-Lkw ist noch nicht im Fernverkehr angekommen.“
Dennoch sollten die Logistikdienstleister das Thema auf dem Schirm haben, denn mit den neuen Antrieben verändern sich auch die Anforderungen an die Dienstleister, sagte Prof. Stephan Freichel von der Fakultät für Fahrzeugsysteme und Produktion der Technischen Hochschule Köln. „Technische Änderungen an den Fahrzeugen schlagen sich auch in der Logistik nieder, etwa im Bereich Aftermarket“, sagte Freichel: „Wenn Fahrzeuge besser vernetzt sind, gibt es weniger Unfälle: Es werden weniger Ersatzteile benötigt.“
Und allem das Thema alternative Antriebe werde „mit aller Gewalt kommen“: Der Umstieg auf Batteriegetrieben Fahrzeuge bedeute für die Logistik beispielsweise andere Colli-Gewichte, und andere Größen in puncto Hallenbelastung. Aber auch neue Chancen, weil es für die Fahrzeugbatterien auch eines neuen Kreislaufprozesses bedürfe. Logistik wird auch bei der Herstellung von Elektro-Pkw und -Lkw nötig sein, mit anderen Anforderungen: Neue Themen sind dann laut Freichel die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), etwa bei der Vormontage, oder die Serialisierung von Teilen, um ein Tracking & Tracing zu ermöglichen. Neue Aufgaben könnten daneben für Logistiker das Aufspielen von Software-Updates sein.
Wiederum wird es auch Verluste geben: Bei einem batterieelektrischen Antrieb fallen Getriebeteile weg, Logistikdienstleister müssen sich hier also etwas einfallen lassen beziehungsweise sich auf neue Lieferantenströme einstellen. Im Ersatzteilbereich können durch die Reduzierung aber auch neue Möglichkeiten entstehen – durch Kollaboration, oder durch einen Trend zu mehr Omni-Channel.
Auch die Prozesse nahm Freichel in seinem Beitrag unter die Lupe: Branchenunternehmen können sich demnach im Rahmen der Digitalisierung schon jetzt mit Themen wie KI, Sensorik und Sequenzierung anfreunden, etwa weil zunehmend Güter und der dazugehörende Informationsfluss durch Kamerasysteme gematcht werden oder sich die Fahrzeugproduktion und damit die Bandanlieferung ändert.
„Das Problem ist, dass jeder OEM sein eigenes Ding macht“, sagt der Wissenschaftler, „als Logistikdienstleister muss man also auch weiter mehrere Plattformen bedienen“. Jedes Unternehmen müsse daher für sich die Marktsituation evaluieren, sich über neue Produktionsstandorte und eventuelle Werksschließungen informieren, um die eigene Position zu finden. Neben einer „vorsichtigen Vertragsvereinbarung“ schrieb Freichel daher den Automobillogistikern noch einen Tipp in ihr Lastenheft: „Der Transformation klar ins Auge blicken und seine Mitarbeiter dabei mitnehmen – das sind die Top-Aufgaben für das Management“.